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"Brich den Hungrigen dein Brot"

Vortragsreihe in der Fastenzeit zum Thema Armut

Eine Kirche für die Armen in der Gesellschaft fordert Papst Franziskus. Aus diesem Anlass setzt sich die diesjährige Vortragsreihe in der Fastenzeit mit den verschiedenen Gesichtern von Armut auseinander. Welche Bedeutung das Thema Armut auch in unserer Region hat, erklärt René Breu, Leiter der Sozialen Dienste Oberes Rheintal (SDO).

 

Gibt es überhaupt Armut in einem reichen Land wie der Schweiz?

René Breu: Es gibt diese, auch wenn dies oft anders wahrgenommen

oder sogar bagatellisiert wird.

 

Wie sieht Armut bei uns im Rheintal aus?

René Breu: Zum Beispiel trotz zweier Einkommen in einem Haushalt ist

die Existenz nicht gesichert (Working Poor), Krankheit, Arbeitslosigkeit.

 

Wann ist eigentlich jemand arm?

René Breu: Wenn unter Ausschöpfung aller Kräfte und Ressourcen die

Existenzgrundlage fehlt. Dadurch entsteht ein menschenunwürdiges Dasein.

 

Wie hat sich die soziale Situation in den vergangenen Jahren entwickelt?

René Breu: Trotz vielen Hilfsangeboten ist es für viele Menschen immer schwieriger, zu überleben. Bei Ausgesteuerten wegen Arbeitslosigkeit

führt der Weg direkt zum Sozialamt.

 

Warum ist es wichtig über das Thema Armut im Rheintal zu sprechen?

René Breu: Es darf und soll keine Tabus geben. Zu diesen gehört die

Armut mit allen negativen Auswirkungen für die Betroffenen und auch deren

Umfeld.

 

Worin unterscheiden sich die verschiedenen Einrichtungen SDO und Sozialamt?

René Breu: Die von der SDO freiwillig oder gesetzlich betreuten Klienten haben alle ihre eigenen Mittel, um ihre Lebenskosten zu decken. Auf dem Sozialamt wird die Existenz unter besonderen Kriterien gesichert mit sogenannten Sozialhilfeleistungen.

 

Wie haben die letzten 40 Jahre bei der SDO Sie persönlich geprägt?

René Breu: Es haben alle Menschen ihre Nöte und Sorgen. Diese werden

oftmals verdrängt, was zu keinen Lösungen führt. Die Klienten lernen nicht nur

von uns, wir auch von ihnen. Die Politik sollte sich nicht nur auf Distanz,

sondern am Puls des Alltags, damit an der Basis orientieren. Sehr heikel ist

die Finanzpolitik versus Sozialausgaben.

 

Was erwarten Sie von der Kirche für von Armut betroffene Menschen im Rheintal?

René Breu: Diakonie zu leben, Defizite ansprechen und sich positionieren, die Schwächeren zu stützen, mit anderen Angeboten zu vernetzen (s. gutes Beispiel „Eggpunkt“-Essensabgabe in Altstätten).

 

Was gibt Ihnen Kraft, in Ihrer Arbeit für hilfsbedürftige und ratsuchende Menschen?

René Breu: In jedem Menschen viel Gutes zu sehen, mit auch kleinen

Schritten dem Mitmenschen wieder zu Normalität verhelfen, gesunde Nähe und Distanz pflegen trotz enormen Schicksalsschlägen. Wir sind für die Bürgerinnen und Bürger da, nicht umgekehrt. Auch noch so kleine Beratungserfolge motivieren. Ganz viel Kraft schöpfe ich aber auch aus meiner Familie und meinem Glauben, der so vieles öffnet und klärt, auch oft sehr tröstend ist.

 

Am 6. und 22. März sowie am 4. April 2017 werden Vorträge von verschiedenen Referenten aus Landwirtschaft, Sozialbehörden und Kirche angeboten; jeweils um 20 Uhr im Pfarreiheim Altstätten. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem aktuellen Pfarreiforum.